Gewölbe
Um 1450 herum ließen die Mönche des Franziskanerklosters ein vier Meter tiefes Kellergewölbe ausheben, das der Lagerung von Wein und Bier diente. Das über diesem Keller erbaute Haus wurde bei einem Stadtbrand 1581 zerstört.
Unmittelbar danach errichtete der Ackerbürger (Bauer) Cuntz (Conrad) Friedrich den Kernbereich des heute stehenden Fachwerkhauses. Ein Steinmetz verewigte das Datum der Bauzeit des neuen Hauses: 1582.
Ackerbürger
Conrad Friedrich baute ein Fachwerkhaus im Stil der Thüringer Renaissance, mit einer repräsentativen Eingangshalle mit Kassettendecken, einer winterwarmen Bohlenstube und Deckenmalereien im 1. Obergeschoss.
Künstler
Anfang des 17. Jahrhunderts war der „Kalkschneider“ und Stuckateur Burkhardt Röhl († 1643) gut 40 Jahre Eigentümer des Gebäudes. Röhl schuf in der gegenüberliegenden Oberkirche mitten im Dreissigjährigen Krieg den manieristischen Altar, die Kanzel und das Taufbecken. Seine Arbeiten sind auch in Form einer perfekt erhaltenen Halbrelief-Renaissance-Decke im Haus zum Palmbaum in Arnstadt (Foto) und im Schloss Sondershausen zu bewundern. Er war ein herausragender Bildhauer.
Gräfin
Anno 1697 erwarb Johanne Elisabeth von Schwarzburg (1662–1720), Gräfin und Schwester des Fürsten Anton Günther II, das Haus am Pfarrhof, und erweiterte es nach Süden. Es entstand eine Beletage, ein barockes Treppenhaus, ein Abgang in den Keller und eine Schwarzküche. Dieser Zustand ist im wesentlichen bis heute erhalten.
Johanna Elisabeth von Schwarzburg war zugleich Schwägerin von Auguste Dorothea, welche Anfang des 18. Jahrhunderts in jahrzehntelanger Arbeit die Sammlung MonPlaisir geschaffen hatte.
Wunderkammer
Nächste Eigentümer war der Superintendent Johann Christoph Olearius (1668–1747), Prediger an der Neuen Kirche zu Johann Sebastian Bachs Zeiten in Arnstadt. Als Numismatiker und Sammler von Kuriositäten richtete er im Haus eine barocke Wunderkammer ein. Seine Bibliothek von Luther-Erstdrucken befindet sich seinem Haus gegenüber in der Bibliothek der Oberkirche. Der Rest seiner Sammlungen ist leider verschollen.
IMA – Julius Möller Arnstadt
Ab 1822 war das Gebäude Mädchenschule, auch der erste Arnstädter Sparverein fand in den Räumen Unterkunft. Von 1870 bis 1991 war das Haus Produktionsstätte der 1864 gegründeten Handschuhfabrik Julius Möller Arnstadt (IMA). Das Unternehmen erwarb sich einen internationalen Ruf für feine Thüringer Damenhandschuhe und beschäftigte in seinen besten Zeiten 250 Mitarbeiter. 1905 wurde das Fachwerkhaus um eine im Jugendstil gestaltete Fabrik erweitert und das Ensemble komplett verputzt.
VEB Handschuhfabrik Arnstadt
Die Handschuhfabrik Julius Möller Arnstadt wurde 1972 verstaatlicht und in den VEB Handschuhfabrik Arnstadt überführt. Die Produktion verlagerte sich auf Sporthandschuhe, Arbeitshandschuhen und Damenoberbekleidung, das Unternehmen war ein bedeutendes und Devisen erwirtschaftendes Unternehmen der DDR. Es wurde 1991 von der „Treuhand“ zerstört. Das Foto zeigt neun Mitarbeiterinnen beim Nähen von Winterhandschuhen und Fäustlingen in der Fabrik in den 70er Jahren.
Verfall
Ab 1991 verfielen die Gebäude. 2005 erwarben wir – Judith Rüber und Dr. Jan Kobel – Fachwerkhaus und Fabrik. Mit dem Abriss der maroden Erweiterungsbauten entstanden Hof- und Außenflächen. Historische Bauteile, die überbaut oder verschwunden waren, wurden rekonstruiert, die gesamte Infrastruktur aufwändig saniert.
Wiederbelebung
In dem nun freistehenden Fabrikgebäude entstanden – anstelle von hässlichen Balkonen aus Stahl – zwei Loggen. Insgesamt waren über 1000 m2 Nutzfläche zu sanieren. Während das Fachwerkhaus heute deutsche Baugeschichte erleben lässt, bietet die Fabrik Licht und Platz im Überfluss.
Denkmal
Im Fachwerkhaus, dem heutigen Hotel, wurden alle Ein- und Umbauten der Handschuhfabrik zurückgebaut, neue Böden verlegt, die abgehängten Decken wieder freigelegt und die Verschalungen entfernt. Das Foto zeigt die Bohlenstube im Zustand nach der Entkernung, Nur die alte Lehmsteinwand und das tragende Fachwerk blieben erhalten. Neue Wände wurden als Fachwerk ausgeführt, ein Teil der Bohlenstube rekonstruiert und die Innenwände mit Lehm verputzt.
2007 erhielten wir den Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpfege, 2013 den Thüringer Denkmalschutzpreis.
Stadthaus Arnstadt
Nach acht Jahren Sanierung eröffnete 2013 das Hotel. 2021 zog die Kaffeerösterei Bohnenstolz ein, seit 2023 stehen die beiden Ferienwohnungen zur Verfügung.
(Foto, aus der Bauzeit: Innendämmung mit Außenwandtemperierung nach Großeschmidt, die unsichtbare eingeputzte Heizung, die wärmt wie ein Kachelofen)